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Schiefergasfracking in Ströhen

Zeitlicher Fahrplan Exxon
Schon kurzfristig erwartet Exxon Mobil die Ergebnisse eines selbst initiierten Dialogprozesses (www.dialog-erdgasundfrac.de). Sobald diese Ergebnisse vorliegen, wird Exxon die Erkundung mittels Fracking beim Bergamt beantragen. Die Maßnahme würde dann im Spätsommer des Jahres durchgeführt werden. Der Dialogprozess wird mit namhaften Experten geführt und vollständig von Exxon finanziert. Über die „Neutralität“ der Ergebnisse dieses Prozesses trauen wir uns kein Urteil zu. Bei den Experten werden unter anderem Vertreter der renommierten TU Clausthal genannt. Eine kleine Recherche ergibt allerdings auch, dass die Exxon Mobile die Uni Clausthal finanziell fördert.

 

Hunderte BohrlöcherBeteiligung des Landkreises
Entgegen unserer bisherigen Annahme und der offenkundigen Sachlage, muss in Niedersachsen seit dem Sommer letzten Jahres das Landesamt doch die „Untere Wasserbehörde“ des Landkreises einschalten und abfragen, ob dort eine wasserrechtliche Prüfung des geplanten Vorhabens für notwendig gehalten wird. Unser Unternehmen hat die Untere Wasserbehörde des Landkreises angeschrieben und um eine Stellungnahme gebeten. Es wurde inzwischen zwar schriftlich und umfangreich geantwortet aber keinerlei erkennbare eigene Position bezogen: Der Landkreis erklärt sich selber für nicht kompetent und spielt damit den Ball an das Landesamt zurück. Auf die seit Mitte des letzten Jahres bestehende Möglichkeit, bei Vorliegen einer Anfrage durch das Landesamt, die Notwendigkeit einer wasserrechtlichen Prüfung zu verlangen, wurde kein Bezug genommen. Allem Anschein nach würde der Landkreis eine solche Prüfung im Falle der Beteiligung durch das Bergamt nicht verlangen und damit auch nicht im Sinne der im Landkreis liegenden Trinkwasserversorger und Mineralbrunnen aktiv werden. An dem Gespräch zur Thematik des Schutzes der Grundwasservorkommen mit den Exxonvertretern hat die eingeladene „Untere Wasserbehörde“ nicht teilgenommen. Vertreter der Wasserbehörde des Landkreises Verden nehmen derweil auf Basis der geschilderten behördlichen Möglichkeiten deutlich und kritisch Stellung.

Landesamt für Bergbau
Auch das niedersächsische Landesamt für Bergbau wurde von uns inzwischen mit der Bitte um Verfahrensbeteiligung angeschrieben. Wir haben die Situation „Gefährdung eines Mineralwasservorkommens“ dargelegt. Bis zum heutigen Tage haben wir keinerlei Reaktion erhalten. Die Beziehung zwischen dem Landesamt und Exxon wird in Niedersachsen traditionell als sehr eng bewertet. Das Landesamt und Exxon verwenden identische Charts zur Erläuterung der Maßnahmen. Das Land Niedersachsen erhält laut Angabe der Exxon-Sprecher zwischen 500 Mio. und 1 Milliarde Euro pro Jahr als Fördergabe für die Ausbeutung von Energievorkommen.

Konkretes zum Projekt in Ströhen
Im Gespräch mit Exxon habe ich die Frage gestellt, wie ganz konkret bei der Exploration in Ströhen verfahren werden soll und was passiert, wenn man ein interessantes Schiefergasvorkommen vorfindet: Laut Exxon Mobil soll in Ströhen die bestehende Bohrung in einer Tiefe um 800 m horizontal abgelenkt werden. Die horizontale Bohrung wird rund 1 km Richtung Ströhen vorgetrieben und endet im Bereich des Naturtierparks. Dann wird mit einer nicht genannten Anzahl von Fracks das Schiefergestein aufgeschlossen. Zum Verbleib der wieder zutage geförderten Frackflüssigkeit und anfallendem Lagerstättenwasser wurde keine Aussage getroffen.
Zu den Maßnahmen im Falle einer Ausbeutung des betreffenden Gebietes wurden von Exxon keine Angaben gemacht. Auf die Frage, ob das bis zu 20 weitere Bohrungen mit jeweils 15 Fracks pro Bohrung sein könnten, wurde das nicht dementiert und stattdessen auf die noch nicht abgeschlossene Planung hingewiesen. Im Vergleich zu anderen unkonventionellen Lagerstätten (Kohleflöz, Sandstein) gibt Schiefer das eingeschlossene Gas deutlich schlechter frei. Es sind deshalb vergleichsweise viele Bohrungen und viele Fracks erforderlich. Damit steigt aus unserer Sicht - allein durch die Anzahl - noch einmal das Risiko eventueller Verunreinigungen von Wasservorkommen. Zudem sollte man darüber nachdenken, wie ein solches „Bohrfeld“ (siehe Abbildung aus den USA) mit Aspekten des Landschaftsschutzes, des Naturschutzes und des (Kranich-)Tourismus in Einklang zu bringen ist.

Auf die Frage, wie es mit dem Klima-Fußabdruck von Schiefergas aussieht, verweist Exxon auf den laufenden Expertendiskurs. Eine bereits vorliegende Studie sieht die Klimabilanz von Schiefergas aufgrund freiwerdender Methanmengen im Bereich der Steinkohle. Sollte dies so sein, ist das aus unserer persönlichen Sicht in direkter Nachbarschaft des geplanten Fachzentrums für Moor und Klima „unpassend“.  Weiterhin wurde erörtert, dass die Fließrichtung der Grundwasservorkommen von der geplanten Bohrstelle in Richtung der Ortschaften Ströhen und Wagenfeld verläuft. Eine eventuelle Verunreinigung würde demnach auf unsere Ortschaften zufließen. Exxon erklärt sich hier bereit, ein sog. Monitoring zu finanzieren, d.h. es würden Grundwassermessstellen erbohrt und beprobt. Damit mögen im Zweifelsfalle Leckagen erkannt werden. Für die besondere Anforderung „ursprüngliche Reinheit“ eines Mineralwassers, wäre es dann aber schon zu spät. Inwieweit ein engmaschiges und teures Monitoring in der Praxis wirklich in ausreichendem Maße über Jahrzehnte durchzuführen ist, vermag ich mir nicht vorzustellen. Die Gefahr, dass durch natürliche bzw. künstlich erzeugte Klüfte Methan und Chemikalien durch das Deckgebirge nach oben wandern, wird von Exxon zunächst als nicht relevant beurteilt, dann aber im Zusammenhang mit Mineralwasservorkommen doch bewusst registriert: Die Exxon-Vertreter haben eingeräumt, dass in Wagenfeld eine besondere - bisher unbekannte - Situation vorliegt. Angesichts von über 200 Mineralbrunnenbetrieben in Deutschland und immer wieder betonten 30 Jahren Erfahrung im Fracking ist das etwas verwunderlich.

Dr. Manfred ScholleNur Panikmache?
Neben den speziellen Fragen bezüglich des Vorhabens in Ströhen wurde von mir die Frage gestellt, wie Exxon die zahlreichen Initiativen gegen Fracking bewertet. Wir wird es gesehen, wenn der Vorstandsvorsitzende der Gelsenwasser AG, des größten Trinkwasserversorgers Deutschlands, Dr. Manfred Scholle massiv gegen Fracking
Stellung bezieht, wenn Frankreich Fracking verbietet, wenn Landtagsabgeordnete aktiv werden? Sind das alles schlecht informierte Wichtigtuer und Selbstdarsteller?
Die Exxon-Sprecher haben diese Frage u. a. mit einem Halbsatz in Richtung populistischer Wahlkampfmanöver von Politikern kommentiert und scheinen im Weiteren den Bedenkenträgern die Bereitschaft abzusprechen, die beeindruckenden Ingenieurleistungen und Sicherheitsvorkehrungen der Exxon verstehen zu wollen. Die theoretische Erläuterung der Maßnahmen auf Powerpoint-Charts erzeugt zunächst ein gutes Gefühl. Greifbar werden die Risiken aber erst, wenn sie an bereits bestehenden Leckagen und Unfällen festgemacht werden können. Hier räumen die Exxon-Sprecher lediglich ein Leck an einer unterirdischen Lagerstättenwasserleitung in der Gemeinde Söhlingen ein. Undichte Exxon-Bohrungen gäbe es in Deutschland nicht. Unruhig stimmt uns in diesem Zusammenhang die Verlautbarung des weltweit führenden Bohrunternehmens Schlumberger, das auf einer Konferenz zur Sicherheit von Schiefergasförderungen bekannt gab, dass schon heute 43% seiner knapp 7.000 Bohrungen im Golf von Mexiko undicht sind. In Norwegen seien 13 bis 19% der Bohrungen undicht. Inwieweit die Zementierungen deutscher Bohrungen dicht sind, darüber soll u. a. eine Studie des Landes NRW Aufschluss geben. Und wie sich die Abdichtungen von Bohrungen verhalten, die mit bis zu 20 Fracks von 500 bis 1.000 bar Druck belastet worden sind, das können wohl erst die Praxis und die Zeit zeigen. Gesichertes Erfahrungswissen gibt es im speziellen Bereich Fracking im Schiefer derzeit nicht.

Zusammenfassung
Zweifellos ist das Bemühen der Exxon um Sicherheit und Dialog in Deutschland derzeit hoch, das darf aber nicht über die massiven wirtschaftlichen Interessen des „wertvollsten Unternehmens der Welt“ hinwegtäuschen. Diese Interessen können natürlich auch im Interesse der Allgemeinheit stehen. Wir alle wollen billige Energie und profitieren von den Steuereinnahmen unseres Landes. Und auch die meisten derzeitigen Formen der Energiegewinnung haben ihren Makel. Vorerst lässt sich resümieren, dass unsere Bedenken deutlich zu- statt abgenommen haben, je genauer wir uns mit der Thematik auseinandersetzen, nicht zuletzt weil eine „ungünstige“ Grundwasserfließrichtung vorliegt und die Geologen der Exxon einräumen, dass es sich hier um eine „besondere Situation“ handelt, die man so noch nicht gehabt habe. Wenn sich die Risiken aus unserer Sicht als nicht tragbar erweisen, würden wir zunächst hoffen, dass sich Exxon Mobil Deutschland an den Worten des eigenen Vorstandsvorsitzenden messen lässt, nirgendwo zu aktiv zu werden, wo man nicht erwünscht ist: Das könnte zumindest aus unserer Sicht in Wagenfeld der Fall sein. Wir werden weiterhin alles tun, um eine Gefährdung der Grundwasservorkommen der Region zu verhindern und stehen für einen Dialog mit interessierten Bürgern und Institutionen zur Verfügung.